5. Politischer Stammtisch

In andächtiger Stille vernahmen die Gäste des Politischen Stammtisches die Ausführungen des Impulsreferats von Herrn Justinus Jakobs. 12 Gäste waren in den Emslandkeller des Ludwig-Windthorst-Haues gekommen, um über das bedrückende Thema „Am Wendepunkt? – Zum Missbrauch in der Kirche und zu dem, was jetzt zu tun wäre“ zu sprechen.

Der Theologe und heilpraktische Psychotherapeut regte zu einem Perspektivwechsel an, indem er vor allem den Fokus auf die Betroffenen legte. „Um gut handeln zu können, müssen wir erst verstehen was passiert ist“, legte er dar und erklärte, dass die Kinder zwischen zwei Fronten großer Institutionen, geraten seien – Missbrauch sei ein Thema von Kirche und Familie. Jene Institutionen, zu denen Kinder in Abhängigkeitsbeziehungen stehen und eigentlich ihren Schutz garantieren sollten. Weiter führte Jakobs aus, wie diese Beziehungen entstünden und machte deutlich, dass sexuelle Bedürfnisse Erwachsener von Kindern nicht einschätzbar seien und niemals auf Zustimmung des Kindes passieren können.

Eine solche Tat präge die Persönlichkeit enorm. Nach der MHG-Studie habe es bei 36 % der beschuldigten Kleriker in Interviews deutliche Hinweise darauf gegeben, selbst einmal Opfer gewesen zu sein. Dabei „ist die MHG-Studie nur ein Hellfeld“, welches aufgrund des Verfahrens mit großer Vorsicht zu genießen sei. Die Dunkelziffer an Grenzüberschreitungen sei viel höher. Ebenso betonte Jakobs, dass es in der Kirche weit mehr als nur sexuellen Missbrauch gegeben habe; nicht zu verkennen seien auch die anderen körperlichen und seelischen Grenzverletzungen geistiger und geistlicher Fremdbestimmung.

In dem anschließenden Gespräch wurden viele Themen angerissen und diskutiert, beispielsweise Pädophilie. Pater Zollner habe im Zusammenhang mit Missbrauch erläutert, dass 10 % der Täter pädophile Neigungen hätten und sie somit keine Hauptströmung darstellen. 90 % der Täter seien ephebophil und fühlten sich zu pubertären Jungen hingezogen. Nichtsdestotrotz sei die Veranlagung zu Missbrauch bei Pädophilen hoch und vieles spreche dafür, dass kirchliche Strukturen auch pädophile Männer anziehen. Man dürfe Pädophilie und Homosexualität auch nicht zusammen betrachten, da Homosexualität erst unter bestimmten Bedingungen zu einem Risikofaktor werde, welches in der Kirche vor allem die Sexualmoral sei.
Immer wieder standen die kirchlichen Strukturen, das Kirchenrecht und die Sexualmoral im Mittelpunkt der Diskussion mit der Frage nach Veränderung. Trotz der bedrückenden Stimmung ermutigte Justinus Jakobs „es ist Zeit, dass Leihen aufstehen und die Leihen sind wir!“ Es sei ein harter Kampf, aber unsere Kinder bräuchten eine Stimme. Es sei die Zeit, Verantwortung für die eigenen Bedürfnisse zu übernehmen.

(Stefan Botters)