Nachdem sich der Arbeitskreis Ludwig-Windthorst auf der Jahrestagung im April das neue Jahresthema „Künstliche Intelligenz“ (KI) gewählt hatte, fand nun vom 20.-22.06.2019 die Werkwoche Teil 1 statt.
Begonnen haben wir am Donnerstagnachmittag mit einem lockeren Einstieg: Neben dem ersten Kennenlernen (von möglicherweise noch unbekannten LuWis) standen noch organisatorische Programmpunkte auf dem Plan. Erste Gespräche konnten nach einem leckeren Abendessen im Emslandkeller weitergeführt und vertieft werden.
Der erste „richtige“ Programmpunkt stand dann am nächsten Tag an. Michael Brendel, Studienleiter im LWH, machte uns mit den Grundlagen der KI vertraut. Brendel hat selbst erst kürzlich ein Buch über die Künstliche Intelligenz, das er treffend „Künftige Intelligenz“ nannte, veröffentlicht. Zunächst stand im Vortrag jedoch erst ein Blick in die Vergangenheit an. Denn seit der Industrialisierung sei es so, dass Maschinen Menschen immer mehr ersetzen. Die KI selbst habe ihren ersten Aufschwung schon in den 1950er/1960er erfahren, dann sei die Forschung an ihr aber nicht weiterverfolgt worden. Erst im 21. Jahrhundert sei es wieder zu einem „Frühlingserwachen“ gekommen. Eine KI verfolge, laut Brendel, ihren Weg ganz allein, wenn sie die nötige Starthilfe von uns „natürlichen Intelligenzen“ erhalte. Indem sie danach immer mehr Informationen erhält, werde sie immer intelligenter und könne selbst ihre eigenen Verknüpfungen herstellen. Als praktisches Beispiel dafür zeigte er uns ein Video von einem Orchester, das ein Stück spielte, welches von einer KI komponiert worden war. Für uns war kein Unterschied zu einer „normalen“ Melodie erkennbar, wenngleich doch feststellbar war, in welchen Dimensionen sich KI heutzutage noch bewegt. „Die Übernahme durch die Maschinen“ scheint doch eher ein weit entferntes sci-fi ähnliches Zukunftsszenario zu sein.
Heutige praktische Anwendungen von KI konnten wir aber durchaus am Beispiel der Rosen-Gruppe bei unserem Besuch am Nachmittag dort kennenlernen. Die Rosen-Gruppe ist im Bereich der Pipelineinspektion tätig und betreibt unter anderem ihre Forschung im Innovationscenter in Lingen.
Dort angekommen wurden wir in einem Raum empfangen, in dem wir uns wie in einem Unternehmen im Silicon Valley fühlten. Insgesamt sechs Mitarbeiter sollten uns während des Termins allgemeine Informationen zu KI und ihrer Anwendung bei Rosen vermitteln. Patrik Rosen betonte, Rosen als Unternehmen, das sehr stark forschungs- und entwicklungsgetrieben sei, betreibe Innovation am liebsten selbst im Haus. Bis 2030 sei es erklärtes Ziel der Firma kognitive Systeme zu entwickeln, um Auswertungen von Pipelineinspektionen weiter zu automatisieren. Das Hauptaugenmerk des Unternehmens bei KI liege auf der Datenanalyse. Ein Software- Entwickler erklärte uns anschließend anschaulich die Funktionsweise von neuronalen Netzen und den mathematischen Methoden dahinter. In einem anschließenden Gespräch bekamen interessierte LuWis Tipps, mit welchen Libaries sie am besten selbst neuronale Netze, die essentiell für die Informationsverarbeitung sind, programmieren können.
Am Samstag standen dann noch zwei weitere Vorträge an. Am Morgen durften wir Jannis Vogel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) begrüßen. Er ist Doktorand im Bereich Wirtschaftsinformatik und befasst sich mit verschiedenen (praktischen) Anwendungsbereichen von KI. Unter anderem brachte er sogenannte „VR- Brillen“ mit, die sein Lehrstuhl in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen für Maschinenbau programmiert hatte, sodass Lehrlinge virtuell ihr Handwerk lernen können. Aber auch LuWis hatten durchaus Spaß am zusammenbauen...
Am Nachmittag war dann Anna Puzio, Doktorandin an der Hochschule für Philosophie München, im LWH zu Gast. Sie promoviert zu Thema Transhumanismus. Dieser wolle, laut Puzio, die Grenzen des menschlichen Körpers überwinden. Geschehen solle dies durch technologische Innovationen, die menschlichen Körper teilweise grundlegend verändern. Noch ausgeprägter sei der sogenannte technologische Posthumanismus. Dieser wolle vollkommen die Grenzen menschlichen Seins überwinden und aus einem Menschen quasi einen Cyborg machen.
Mittel des technologischen Posthumanismus sei dabei beispielsweise die Kryonik, das Einfrieren von Körperteilen oder des gesamten Körpers, welche heute aber noch nicht wirklich funktioniere oder aber das sogenannte Human Enhancement, die stetige technologische Optimierung des Menschen.
Puzios Vortrag mündete in eine lebhafte Diskussion über Grenzen zwischen Maschine und Mensch. Umstrittene Fragen waren dabei die ethische Vertretbarkeit oder die Gefahr für unsere Gesellschaft.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass LuWis mal wieder eine geistreiche und kurzweilige Werkwoche miterlebten durften. Unser Dank gilt allen Referenten für die großartigen Vorträge!
(Julia Strodt)