Luwi meets Alt-Luwi

Am Wochenende trafen sich die Luwis zu ihrem jährlichen Vernetzungstreffen mit den Altluwis. Den Einstieg in ein spannendes Wochenende voller Vorträge und spannender Diskussionen bildete die Jahrestagung der Ludwig-Windthorst-Stiftung. Festredner war in diesem Jahr der Journalist Klaus Prömpers, der die Bedeutung der Wahlergebnisse der Midtermelections in den USA für die Demokratie und für Europa einordnete. Er appellierte an die Zuhörenden sich für die Demokratie einzusetzen.

Der Samstag startete mit einem kurzen Rückblick auf das Luwijahr und dem Bericht aus dem Vorstand und Kuratorium. Ein wichtiger Punkt war Bewerbung des Arbeitskreises, die nochmal unter die Lupe genommen und auf die Bedürfnisse der aktuellen Zeit angepasst werden soll. Weiter wurde Jan Tim als neuer Vertreter der Altluwis im Kuratorium gewählt und folgt damit Bernd, der diese Aufgabe vier Jahre lang zusammen mit Lukas ausgeführt hat. Lukas wurde in seinem Amt bestätigt.

Anschließend berichtete Altluwi Stefan, passend zum Jahresthema, von seiner Tätigkeit als Realschullehrer in Neuss, seinem Blick auf das System Schule und seinem Werdegang. Aufgrund der damals eher schlechten Berufsaussichten für Lehrer begann Stefan sein Studium in Münster zuerst mit dem Berufsziel Journalist. Nach einer Tätigkeit als freier Mitarbeiter bei der Münsterschen Zeitung schrieb er sich im 3. Semester zusätzlich für Lehramt ein und entschied sich später tatsächlich für diesen Beruf. Gegen Ende seines Referendariats wurde Stefan auf den Arbeitskreis Ludwig-Windthorst über einen Flyer aufmerksam. Aktuell ist Stefan Klassenlehrer einer 6. Klasse. Kritisch hinterfragt er die Schule als Zwangssystem, welches nicht immer die Lernmotivation der Schüler:innen fördere sowie die hohe Arbeitsbelastung der Lehrkräfte durch den Lehrkräftemangel sowie vielfältige neue Aufgaben, die auf die Schule zukämen. Ob nun heterogene oder homogene Lerngruppen besser sind, dazu hat er keine abschließende Einschätzung. Vielmehr müsse das Gesamtkonzept stimmen. Die Frage, ob er sich wieder für diesen Beruf entscheiden würde, beantwortet Stefan mit ja.

Nach der Mittagspause spricht Prof. Dr. Vera Busse von der Universität Münster über kulturelle und sprachliche Diversität in der Bildung. Sie führte aus, dass Deutschland eines der Länder mit dem ungerechtesten Bildungssystem sei. Kinder mit Benachteiligung, sprachlich oder sozioökonomisch, liefen einem sich bewegenden Ziel hinterher, da auch Kinder mit besseren Startchancen ständig weiterlernen. Besonders mangelnde Deutschkenntnisse erschweren den Kindern den Bildungsweg enorm. Obwohl die EU das Ziel der Mehrsprachigkeit gesetzt hat und alle Kinder zwei zusätzliche Sprachen neben der Landessprache lernen sollen, ist Mehrsprachigkeit teilweise ein großes Bildungshindernis. Dies liegt auch daran, dass Mehrsprachigkeit bei Kindern, die nicht die klassischen in der Schule unterrichteten Sprachen sprechen, häufig eher als Problem wahrgenommen wird, nicht als Potential. In Ihrer Forschung beschäftigt sich Prof. Busse mit sogenanntem sprachsensiblem Unterricht. Dabei wird Sprache nicht nur im Sprachunterricht, sondern auch immer im jeweiligen Fachunterricht gefördert. Es werden immer Fachvokabular, Mündlichkeit sowie Lesen und Schreiben vermittelt. Sprachsensibler Unterricht ist eine gute Hilfe für die Entwicklung benachteiligter Kinder. Aber viele Maßnahmen sollten viel früher ansetzen, um echte Bildungsgerechtigkeit zu erreichen.

Abends beim Kamingespräch stellte sich Chris Hofschröer als neues Vorstandsmitglied der Ludwig-Windthorst-Stiftung vor und lernte die Luwis kennen. Er berichtete aus seinem Leben und seinem Beruf als Bauunternehmer. Wenn er künftig eine spannende Baustelle hat, dürfen die Luwis zur Baustellenbesichtigung vorbeischauen.

Am Sonntag referierte Prof. Dr. Ferdinand Stebner von der Universität Osnabrück über selbstreguliertes Lernen und den Einfluss von Smartphones auf uns und die Umwelt. In seinen Augen ist unser Schulsystem veraltet und bereitet die Schüler:innen nicht wirklich auf die Anforderungen in der sich schnell wandelnden Welt im 21. Jahrhundert vor. Viel mehr als Fachwissen zu vermitteln und abzufragen, sollte das Bildungssystem Kompetenzen und Strategien vermitteln, um sich selbst benötigtes Wissen anzueignen. Schuler:innen müssten Lernen lernen und dieses regelmäßig üben. Zum selbstregulierten Lernen gehören Strategien, wie Ziele in sinnvolle Teilziele zu unterteilen oder das Zusammenfassen von Text. Im heutigen Schulsystem seien diese Methodenkompetenzen noch zu wenig verankert, außerdem gebe es kaum Raum für wirklich offene Lernangebote, bei denen die Schüler:innen sich auch in ihrer Persönlichkeit weiterentwickeln können. Prof. Stebner sieht den Bedarf für eine grundlegende Reform unseres Bildungssystems. Diese ist im laufenden Betrieb gar nicht so einfach. Er beschreibt die Schwierigkeit der Reform des Bildungssystem mit dem Bild eines A380, der während des Fluges in ein Schiff umgebaut werden muss, während er von Abfangjägern begleitet wird, die ein Langsamerwerden oder gar Landen verhindern. Die Abfangjäger sind im Fall des Schulsystems PISA, das Zentralabitur sowie die Eltern. Doch nicht nur das Bildungssystem bzw. unsere Leistungsgesellschaft zerstörten unsere Schüler:innen und angehenden Lehrkräfte, sondern auch die digitalen Medien. Daher brachte Prof. Stebner noch 14 gleichsam spannende wie erschreckende Fakten rund um das Thema Smartphone mit. Beispielsweise seien im Jahr 1992 über das Internet 100 GB Daten pro Tag übertragen worden, während es 2020 bereits 52.000 GB pro Sekunde waren. Der dabei entstehende CO2-Ausstoß entspricht dem des gesamten Flugverkehrs. Seine Forschung zur Handynutzung zeigte, dass vor allem die Fakten zu den Umweltauswirkungen von Smartphonenutzung Menschen motiviert, sich vorzunehmen, ihr Smartphone weniger zu nutzen. Die tatsächliche Verhaltensänderung ist jedoch viel geringer.

Neben den spannenden inhaltlichen Vorträgen und Diskussionen, war eine wichtige Erkenntnis des Wochenendes, dass die Luwis in diesem Jahr 40 Jahre alt geworden sind. Das soll im kommenden Jahr nochmal gefeiert werden.

(Stefanie Zanger)